Mechtild Borrmann: Wer das Schweigen bricht
WER DAS SCHWEIGEN BRICHT von Mechtild Borrmann ist ein großartiger Krimi über die unmenschlichen Bedingungen unter dem Nationalsozialismus.
gelesen von Katrin Daliot
Als Robert Lubisch den Nachlass seines gerade verstorbenen Vaters, eines reichen Industriellen, sortiert, fallen ihm aus einer Schachtel zwei ungewöhnlichen Dinge entgegen. Das Foto einer jungen Frau, die definitiv nicht seine Mutter ist und der SS-Ausweis eines ihm unbekannten Mannes. Gab es in der Geschichte seines stets so tadellos-erfolgreichen Vaters vielleicht doch noch eine unbekannte, dunkle Seite? Vielleicht die heimliche Geliebte oder den reingewaschenen Nazi-Kumpanen? Als einzigen Hinweis findet Robert auf der Rückseite des Fotos die Adresse eines Fotostudios im Niederrheinischen. In dem kleinen Ort an der holländischen Grenze lernt er eine Journalistin kennen, die hinter dem privaten Inhalt des Kästchens eine große politische Story wittert.
Und tatsächlich scheint an dem Fall etwas dran zu sein, denn schon bald nachdem sie erste Hinweise zur Identifizierung der unbekannten Frau gefunden hat, wird die Journalistin tot in ihrem Haus aufgefunden. Robert ist entsetzt und beginnt mit eigenen Ermittlungen. Seine Recherchen führen ihn zu sechs Leuten, deren Jugend in die düstere Zeit von Nationalsozialismus und Krieg Anfang der vierziger Jahre fiel.
Die unmenschlichen Bedingungen unter dem Nationalsozialismus
Präzise und ohne Sentimentalität, aber in mitunter sehr poetischen Worten erzählt Mechtild Borrmann eine ebenso intelligente wie erschütternde Geschichte, deren Anfänge in einer kleinen niederrheinischen Gemeinde während der Zeit des Nationalsozialismus liegen. Authentisch schildert sie, wie das Leben so war für sechs junge Leute, die der Willkür und der Brutalität des NS-Systems auch in ihrem Heimatort ausgesetzt waren – was für einige der Beginn einer steilen Karriere war, bedeutete für andere das Todesurteil. Mit viel Einfühlungsvermögen baut sie ihre Figuren auf und entfaltet neben der politischen Dimension eine sehr menschliche Geschichte. In der es um verschmähte Liebe, aufkeimende Homosexualität und ein Erwachsen werden geht und das unter den unmenschlichen Bedingungen des Nationalsozialismus eine tödliche Brisanz bekommt.
Dabei switcht sie gekonnt zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her. So verbindet sie beides zu einem einzigen, ungeheuerlichen Handlungsstrang. Mechtild Borrmanns „Wer das Schweigen bricht“ ist ein ebenso großartiger wie fesselnder Krimi mit ernstem historischem Hintergrund. Wunderbar gelesen von der Schauspielerin Katrin Daliot.
Die Autorin
Mechtild Borrmann, Jahrgang 1960, verbrachte ihre Kindheit und Jugend am Niederrhein. Bevor sie sich dem Schreiben von Kriminalromanen widmete, war sie u.a. als Tanz- und Theaterpädagogin und Gastronomin tätig. Mit „Wer das Schweigen bricht“ schrieb sie einen Bestseller, der mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet wurde und wochenlang auf der KrimiZeit-Bestenliste zu finden war. Für den “Geiger” wurde Mechtild Borrmann als erste deutsche Autorin mit dem renommierten französischen Publikumspreis “Grand Prix des Lectrices” der Zeitschrift “Elle” ausgezeichnet. 2015 wurde sie mit “Die andere Hälfte der Hoffnung” für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert. Mechtild Borrmann lebt als freie Schriftstellerin in Bielefeld. Weitere Romane von Mechtild Borrmann: Feldpost # Grenzgänger # Trümmerkind #
Die Sprecherin
Katrin Daliot (* 1978 in Innsbruck) ist eine österreichische Schauspielerin und Sprecherin.