Juli Zeh: Unterleuten
UNTERLEUTEN von Juli Zeh ist ein turbulenter Gesellschaftsroman aus der tiefen Provinz und mitten aus dem Leben.
Endlich Ruhe! DEr Mitvierziger Gerhard und und seine FreundinJule sind zusammen aus Berlin ins Brandenburgische Unterleuten gezogen. Dort arbeitet Gerhard beim Naturschutz und ist besonders für den Schutz eines Vogels, des seltenen Kampfläufers zuständig. Jule pflegt derweil zu Hause die gemeinsame Tochter. Doch die Land-Idylle hat schnell erste Risse bekommen, seitdem der Schrotthändler und Automechaniker Schaller auf das benachbarte Grundstück gezogen ist. Tag und Nacht lärmen Werkzeuge, sogar Autoreifen werden illegal verbrannt; der stinkende Qualm zieht direkt zu Gerhard und Jule ins Wohnzimmer. Pech gehabt, sagen die Alteingesessenen. Als jedoch eine Investmentfirma unweit des Ortes einen Windpark errichten will, ist der Friede im ganzen Ort bedroht. Alte Zwistigkeiten zwischen den Einheimischen brechen wieder auf, aber auch die neu dazugezogenen Berliner Stadtflüchtlinge mischen kräftig mit. Im geruhsamen Unterleuten brodelt es richtig…
Unterleuten
Die Vorlage für ihren neuen Roman “Unterleuten” fand Juli Zeh, wie sie selbst schreibt, auf der Panorama-Seite von Spiegel-Online. Viele der beschriebenen Personen und Orte gibt es wirklich, wenn auch nicht alle unter ihrem richtigen Namen. In ihrer Story geht es um Berliner Aussteiger, die von der großen Stadt die Nase voll haben und jetzt das scheinbar idyllische Landleben genießen wollen. Und die in ihrer Selbstgerechtigkeit wenig sensibel mit den Alteingesessenen umgehen und kaum einen Fettnapf auslassen. Doch Zehs Blick hinter die Kulissen der Dorfidylle zeigt, dass es hier – oh Wunder – ebenso ums Networking und den kleinen persönlichen Vorteil geht, wie in der großen Metropole. Wer kungelt mit wem und wer will wem schaden? Wer war schon zu DDR-Zeiten systemtreu und wer ist bis heute Wende-Gewinner oder -Verlierer? Wem geht es um das vermeintliche Gemeinwohl, wer agiert aus puren Eigennutz?
Minutiös beschreibt Julie Zeh in ihrem gelungenen Gesellschaftsroman, wie in Unterleuten die üblichen nachbarschaftlichen Grabenkämpfe toben, während die Ex-Städter erst nach und nach die Macht der örtlichen Seilschaften erkennen lernen. Und wo es ersteren um Bio, Umwelt und Naturschutz geht, denken die Eingesessenen über wirtschaftliches Wachstum und den eigenen Gewinn nach. Juli Zeh zeigt aber auch, wie lang die Konfliktlinien zwischen alten DDR-Konformisten (oder auch überzeugten Anhängern) und denjenigen sein können, die es schon immer eher mit der Privatwirtschaft hatten. In knappen Kapiteln erzählt sie ihren Roman aus der Sicht ihrer verschiedenen Figuren und entwickelt in der kurzen Zeitspanne ihrer Geschichte eine überzeugende Story über lebensverändernde Erfahrungen, die sich sich wie ein Thriller liest. Eine ebenso turbulente wie authentische Geschichte aus der tiefen Provinz, mitten aus dem Leben und voller spannender Augenblicke.
Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Studium des Europa- und Völkerrechts, Promotion. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman „Adler und Engel” (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Rauriser Literaturpreis (2002), dem Hölderlin-Förderpreis (2003), dem Ernst-Toller-Preis (2003), dem Carl-Amery-Literaturpreis (2009), dem Thomas-Mann-Preis (2013) und dem Hildegard-von-Bingen-Preis (2015).