Olen Steinhauer: Der Anruf
Mit DER ANRUF gelingt Olen Steinhauer eine hoch verdichtete Polit-Agenten-Story, die immer wieder fĂĽr eine ĂĽberraschende Wendung gut ist.
Henry Pelham und Celia Favreau sitzen in einem Restaurant im beschaulichen kalifornischen Carmel. Beide waren 2006 als amerikanische Agenten in Wien aktiv, als dort jemand ein Flugzeug entführt hat und auf dem Rollfeld feststeckte, besetzt mit 120 Passagieren und einigen zu Allem entschlossener Terroristen. Der Versuch, die Reisenden zu befreien, misslang, da der Plan verraten wurde – und wurde für der Sicherheitskräfte zum Super-Gau: alle Passagiere starben. Da der Ablauf der Aktion bis heute einige Ungereimtheiten aufweist, soll der Fall nach Jahren noch einmal aufgerollt werden. Henry und Celia haben also ein höchst dienstliches Gespräch. Und dieses entwickelt sich für Henry ganz anders, als gedacht.
Olen Steinhauer lässt seinen neuen Politthriller “Der Anruf” zum großen Teil an einem einzigen Abend im Restaurant spielen. Er erzählt ihn konsequent aus der Perspektive seiner beiden Protagonisten, zunächst aus der Sicht von Henry, dann aus der seiner Kollegin und ehemaligen Freundin Celia. Unterbrochen wird ihr Redefluss durch Rückblicke auf die fatalen Ereignisse rund um die Flugzeugentführung. Es geht um die Verantwortung für mehr als 120 Tote. Und Steinhauer versteht es perfekt, das anfänglich vertraute Gespräch nach und nach zu einem Verhör werden zu lassen, in dem der Unterton immer aggressiver wird. Aber so einfach ist der oder die Schuldige nicht zu ermitteln. Denn auch die damaligen Ereignisse gestalten sich, je länger der Abend dauert, zunehmend komplexer – bis sich die Rollen scheinbar vertauschen. Mit “Der Anruf” gelingt Olen Steinhauer eine kurze, aber hoch verdichtete Polit-Agenten-Story, die es in sich hat. Und immer wieder für eine überraschende Wendung gut ist.
Olen Steinhauer ist in Virginia aufgewachsen, hat mehrere Jahre in Kroatien, Tschechien, Italien und Ungarn verbracht und lebt zurzeit mit seiner Familie in New York. Für seine Romane ist er bereits zweimal für den Edgar Award nominiert. Auf Deutsch erschien von Steinhauer bereits die Milo-Weaver-Trilogie „Der Tourist“, „Last Exit“ und „Die Spinne“, deren Finale monatelang auf der KrimiZEIT-Bestenliste stand. Weiteres: Kairo Affäre