Selim Ă–zdogan: Die Tochter des Schmieds
In DIE TOCHTER DES SCHMIEDS richtet Selim Özdegan mit einfachen Worten den Blick auf das Spannende im Alltäglichen.
Die Türkei in den fünfziger Jahren. In einem kleinen Ort in Anatolien wächst Gül auf, zusammen mit zwei Geschwistern, ihrem Vater und der Stiefmutter. Gül ist ein ernsthaftes Mädchen, nicht aufmüpfig und ohne große Pläne. Anders jedenfalls als ihre Schwester Melike, die sich nichts sagen lässt, und Sibill, die schon früh nach Höherem strebt – wie es halt unter Geschwistern manchmal so ist. Nach dem frühen Tod der Mutter übernimmt Gül, die Älteste, die Verantwortung für die Familie. Ohne Abschluss verlässt sie die Schule und macht eine Ausbildung als Schneiderin. Mit 15 Jahren heiratet sie ihren Onkel, bekommt zwei Kinder und folgt Anfang der sechziger Jahre ihrem Mann nach Deutschland.
Selim Ă–zdogan: Die Tochter des Schmieds
Ein Leben, wie zig andere auch. Also kein Stoff fĂĽr einen Roman? Aber doch! Selim Ă–zdegan ist es mit „Die Tochter des Schmieds“ auf wunderbar poetische Art und Weise gelungen, die Atmosphäre dieser Zeit einzufangen. Jenseits der Stereotypen von Islam und unterdrĂĽckten Frauen erfahren wir viel ĂĽber die TĂĽrkei der fĂĽnfziger Jahre, ĂĽber ein Land zwischen Moderne und Tradition und ĂĽber Leben auf dem Dorf, das uns, Anatolien hin oder her, ĂĽberraschend oft an die Erzählungen der eigenen GroĂźeltern erinnert.
Mit einfachen Worten richtet Selim Ă–zdegan in „Die Tochter des Schmieds“ den Blick auf das Spannende im Alltäglichen; er beschreibt, wie Menschen gelebt haben, wie sie miteinander umgegangen sind – und welche Wege es fĂĽr Frauen damals gegeben hat. Sibill, die jĂĽngste, wird Dorflehrerin, Melike studiert Fremdsprachen und GĂĽl, die Ă„lteste, kommt ĂĽber die Grundschule nicht hinaus, heiratet frĂĽh und bekommt Kinder. So ist „Die Tochter des Schmieds“ von Selim Ă–zdogan ein spannender Blick auf das Leben zweier Schwestern in der TĂĽrkei.
Selim Ă–zdegan, Jahrgang 1971, ist Deutscher tĂĽrkischer Abstammung und lebt in Köln. Sein Roman „Die Tochter des Schmieds“ trägt sicherlich dazu bei, unsere Nachbarn aus dem SĂĽdosten Europas besser zu verstehen. Und ist zugleich ein StĂĽck tĂĽrkische Kulturgeschichte. Weitere Buchtipps aus der TĂĽrkei.