Michel Houellebecq: Serotonin
In SEROTONIN zeigt Michel Houellebecq in seiner leicht ironĂschen Art wieder, dass er ein guter Beobachter der UmstĂ€nde ist.
Der 46-jĂ€hrige Florent-Claude Labrouste hasst seinen Vornamen genauso wie seinen anspruchsvollen Job im Landwirtschaftsministerium. Auch mit seiner japanischen Freundin Yuzu versteht er sich schon lĂ€nger nicht mehr gut. Eigentlich bleiben ihm zur Freude nur seine Zigaretten und ein Antidepressivum auf Basis des GlĂŒckshormons Serotonin. Zu wenig, wie er findet. So beschlieĂt er eines Tages, aus seinem bisherigen Leben auszusteigen. Ganz kurzfristig kĂŒndigt er seinen Job, gibt seine Pariser Wohnung auf, wechselt die Bank. Er zieht in eines der wenigen Hotels, die noch Raucherzimmer zur VerfĂŒgung stellen. Doch es zieht ihn auch hinaus in die Provinz. Dort lernt er einen Bauern kennen, der gegen die Politik auf die StraĂe geht…
Serotonin
In âSerotoninâ erzĂ€hlt Michel Houellebecq in seiner leicht ironĂschen, aber sehr treffenden Art von der Vereinsamung und inneren Perspektivlosigkeit seines Helden. Aber auch vom generellen Frust einer Gesellschaft, deren Lebensgrundlage immer mehr ins Wanken zu geraten scheint. Er beschreibt die kulturelle wie wirtschaftliche Verarmung der Provinz. Dabei schildert er eine Demonstration von Landwirten, die an die Proteste der âGelbwestenâ im Herbst 2018 erinnert. Sein 46-jĂ€hriger, beruflich durchaus erfolgreicher Protagonist streift ziellos durch sein Leben, zieht ResĂŒmee, lĂ€sst seine Ex-Freundinnen Revue passieren. Und kann sich am Vergangenen ebensowenig wie am Jetzigen oder vielleicht noch Kommenden wirklich erfreuen.
Und wie der Ich-ErzĂ€hler scheint auch die Gesellschaft als Ganzes mit den ZustĂ€nden zu hadern. Ja, wir sollen und wollen besser regional und saisonal statt global konsumieren. Aber die ĂŒbervollen Supermarktregale mit all den gĂŒnstigen Produkten aus aller Welt haben auch Einiges fĂŒr sich. Die WidersprĂŒche zwischen Bewusstsein und BedĂŒrfnis, Wunsch und komplexer Wirklichkeit lassen wenig klare Linie. Aber viel Orientierungslosigkeit und auch Frust zurĂŒck. Michel Houellebecq ist ein guter Beobachter der UmstĂ€nde, und das zeigt er auch wieder in âSerotoninâ.
Michel Houellebecq wurde 1958 geboren. Er gehört zu den wichtigsten Autoren der Gegenwart. FĂŒr seine BĂŒcher, die in ĂŒber vierzig LĂ€ndern veröffentlicht sind. Ist er mit den wichtigsten Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Prix Goncourt. 2015 erschien sein Roman âșUnterwerfungâč, der wochenlang auf der Bestsellerliste stand und ein groĂes Medienecho hervorrief.