John Irving: Der letzte Sessellift

John Irving: Der letzte Sessellift

DER LETZTE SESSELLIFT von John Irving ist ein komplexer und liebevoll inszenierter Gesellschaftsroman um das vermeintliche Anderssein.

Adam Broster kommt Anfang der 1940er Jahre zur Welt. Seine 18-jährige Mutter Rachel, die alle nur Little Ray nennen, ist Skilehrerin und will nicht damit herausrücken, wer der Vater ist. So wächst Adam in einer sehr unkonventionellen Familie auf. Seine Mutter ist zwar offiziell mit Adams kurzgewachsenem Englischlehrer Elliot Barlow verheiratet, lebt aber lieber mit ihrer Freundin Molly zusammen – obwohl auch Ehemann Barlow im Lauf der Erzählung sein Geschlecht zur Frau wechselt. Außerdem gibt es da noch seine beiden “Norweger”-Onkels, die deutsch so gut wie englisch sprechen, seine stockkonservativen Tanten sowie einige wechselnde Freundinnen. Den größten Einfluss auf Adam aber gewinnt trotz der Entfernung seine Cousine Nora, die mit ihrer stummen Freundin Em in New York lebt…

Der letzte Sessellift

John Irvings neuester Roman “Der letzte Sessellift” erscheint zu seinem 80-igsten Geburtstag. Auf opulenten 889 Seiten geht es um einen konventionellen Typen, der in unkonventionellen Verhältnissen aufwächst. Aus der Ich-Perspektive von Adam Broster beschäftigt sich Irving sehr detailliert mit seinem Helden. Aber auch mit den anderen Figuren seiner Geschichte. Da ist seine Mutter Rachel mit ihrer Freundin Molly, seine Cousine Nora, die mit der stummen Em in einem politischen Comedy-Club auftritt. Oder sein Ersatz-Vater Elliot, der sich als Frau viel wohler fĂĽhlt. Seine Kapitel unterteilt Irving nicht nur zeitlich, sondern auch thematisch. So lernen wir viel ĂĽber die Familienmitglieder und begleiten sie von jungen Jahren bis in den Tod. Der, es wäre sonst nicht Irving, durch ebenso skurrile wie erschreckende Umstände eintritt, seien es Skiunfälle, Stromschläge, Selbstmord, Lawinen, Attentate oder Waffengewalt.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse

Dabei vergisst er nie die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der jeweiligen Zeit. Sei es die Auseinandersetzung um den Vietnamkrieg in den 1960er und 1970er Jahren, die Bedrohung durch AIDS in den 1980ern, die Intoleranz des Reagan-Regimes oder die politische Stimmung bei der Trump-Wahl. Immer geht es ihm um Toleranz und das Selbstverständnis jener, die sich ein wenig abseits des sogenannten Mainstream bewegen. Irving selbst schreibt an einer Stelle: “Es gibt mehr als einen Weg, Menschen zu lieben”.

So ist “Der letzte Sesselift” ein komplexer und liebevoll inszenierter Gesellschaftsroman. Um das vermeintliche Anderssein, in dem natürlich auch das Ringen und das Land Österreich wieder einen kleinen Platz finden.

John Irving, geboren 1942 in Exeter, New Hampshire, lebt in Toronto und ist einer der begnadetsten Autoren Nordamerikas. Seine bisher 14 Romane wurden alle Weltbestseller, vier davon verfilmt. 2000 erhielt er einen Oscar für die beste Drehbuchadaption für die Verfilmung seines Romans ›Gottes Werk und Teufels Beitrag‹.

John Irving: Der letzte Sessellift
John Irving:
Der letzte Sessellift

      

© Diogenes
26. April 2023
1088 Seiten
ISBN: 9783257072228
Orignal: The Last Chairlift

      

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