Elizabeth Harrower: Die Träume der anderen

In ihrem Psychogramm DIE TRÄUME DER ANDEREN zeigt Elizabeth Harrower wie grausam Menschen in Beziehungen miteinander umgehen können.

Als die Mutter von Claire und Laura im Zweiten Weltkrieg Australien verlässt und von Sidney nach London geht, bleiben ihre beiden Töchter mittellos zurück. Aus der Not heraus heiratet die ältere Laura ihren um Jahre älteren Chef. Eigentlich will sie Opernsängerin werden, doch jetzt gibt es eine ganz andere Alltags-Agenda: Sie muss ihrem saufenden und tyrannischen Ehemann den Haushalt führen. Ihre jüngere Schwester Claire, die mit ihnen wohnt, ist einer der Gründe, warum sie den Mann nicht sofort wieder verlässt. Doch dann fängt die kleine Claire auch noch an, rebellisch zu werden…

Die Träume der anderen

Die 1928 in Sydney geborene Elizabeth Harrower veröffentlichte bis in die 1960er Jahre mehrere Romane, in denen es schon lange vor den Debatten um “#metoo” und häusliche Gewalt immer wieder um die schwierigen Lebensumstände von Frauen ging. “Die Träume der anderen”, 1966 unter dem Titel “The Watch Tower” erschienen, wurde erst jüngst durch eine Wiederauflage dem drohenden Vergessen entrissen und liegt jetzt in einer gelungenen Übersetzung von Alissa Walser auch auf Deutsch vor. In ihrer Geschichte um die beiden Schwestern Claire und Laura breitet Elizabeth Harrower eine ziemlich verzweifelte Lebenslage vor uns aus. Denn die zunächst recht selbstbewusste Laura wird immer mehr zur Leidtragenden einer Situation, die auf ganz unterschiedliche Weise von ihrem Ehemann und ihrer Schwester bestimmt wird – und aus der es scheinbar kein Entrinnen gibt. So zeigt ihr bedrückendes Psychogramm, wie selbstsüchtig und grausam Menschen in Beziehungen miteinander umgehen können. Und wie insbesondere Frauen darunter leiden, wenn die sozialen Umstände ihnen keinerlei Alternativen eröffnen.

Elizabeth Harrower, geboren 1928 in Sydney, veröffentlichte in den fünfziger und sechziger Jahren vier Romane, für die sie viel Anerkennung erhielt. Als ihre Mutter starb, der sie sehr nahestand, beendete sie abrupt ihre Schriftstellerkarriere. Seit einigen Jahren wird ihr Werk in immer mehr Ländern als literarische Wiederentdeckung gefeiert. Auf Deutsch liegt bislang nur ihr erst 2014 aufgefundener letzter Roman »In gewissen Kreisen« vor.