Olga Grjasnowa: Gott ist nicht schüchtern
Mit GOTT IST NICHT SCHÜCHTERN gelingt Olga Grjasnowa ein sehr authentischer, emotional und feinfühliger Roman über Syrien und Flucht.
Amal und Hammoudi kennen sich nicht, doch sie sind dabei, als endlich auch in Syrien der “arabische Frühling” beginnt. Beide kommen aus gut situierten, bürgerlichen Verhältnissen: Sie feiert erste Erfolge als junge Schauspielerin, er hat gerade in Paris seine Ausbildung als Chirurg absolviert und muss eigentlich nur mal kurz zurück nach Damaskus, um seinen Pass für den Job in einem pariser Krankenhaus zu verlängern. Doch dann wird überraschend seine Ausreisegenehmigung gestrichen – Hammoudi sitzt kaum 20 Kilometer hinter der Grenze in Damaskus fest, während in Frankreich Job und Freundin verloren gehen. Und wie er gerät auch Amal immer mehr ins Visier der Geheimdienste. Hammoudi kehrt zurück in sein Heimatdorf unweit der irakischen Grenze, Amal bleibt in Damaskus, wo sich beide kurz begegnen.
Gott ist nicht schüchtern
Mit ihrem Roman bringt uns Olga Grjasnowa sehr einfühlsam die Situation in Syrien näher. Anhand ihrer beiden, aus privilegierten Verhältnissen stammenden Protagonisten, der jungen Schauspielerin Amal und des jungen Chirurgen Hammoudi, erzählt sie, wie sich die Lage im Land über die Jahre immer weiter verschärft hat. Anfänglich inspiriert durch den “arabischen Frühling”, forderten gerade junge Menschen auch in Syrien Reformen und riefen zur friedlichen Revolution aus, bis ihre Proteste im Bürgerkrieg, dem Erstarken des IS und der Flucht Hunderttausender aus Syrien untergingen.
Olga Grjasnowa beschreibt in “Gott ist nicht schüchtern”, wie Amal nach mehreren Verhaftungen und einer Zwischenstation im benachbarten Libanon eine abenteuerliche Flucht nach Europa antritt, während Hammoudi, der eigentlich einen Job als plastischer Chirurg für Brandopfer in Paris annehmen will, in seinem Heimatort in die Fänge des IS gerät – Schicksale, die uns Olga Grjasnowa fernab von abstrakter Politik sehr authentisch, emotional und feinfühlig nahe bringt.
Olga Grjasnowa, geboren 1984 in Baku, Aserbaidschan. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland, Israel und der Türkei. Für ihren vielbeachteten Debütroman “Der Russe ist einer, der Birken liebt” wurde sie mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und dem Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien 2014 „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Beide Romane wurden für die Bühne dramatisiert. Olga Grjasnowa lebt mit ihrer Familie in Berlin.