Bude, Munk und Wieland: Aufprall
AUFPRALL von Heinz Bude, Bettina Munk und Karin Wieland erzĂ€hlt ungemein fesselnd und authentisch von den Hausbesetzungen in Berlin der frĂŒhen 1980er Jahre.
Anfang der 1980er Jahre stehen in Berlin jede Menge GebĂ€ude leer, die ihren Besitzern nicht genug einbringen. Und so machen es ein paar junge Leute wie viele andere: Sie besetzen ein Haus. So vielfĂ€ltig sie sind, so einig sind sie sich darin, von nun an ein ganz anderes Leben fĂŒhren zu wollen. Unter ihnen sind KĂŒnstler*innen ebenso wie radikale Revoluzzer, Philosophen, Student*innen oder Handwerker. Und so gibt es neben vielen politischen Aktionen auch jede Menge Platz fĂŒr nĂ€chtelange Diskussionen und ausgiebige FrĂŒhstĂŒcksgelage. Ăber allem aber schwebt stets die RĂ€umungsdrohung â wie lange wird das Abenteuer noch gut gehen? Als auf einer Autofahrt eine der Besetzerinnen ums Leben kommt, Ă€ndert sich so manches in der GruppeâŠ
Die Autor*innen Heinz Bude, Bettina Munk und Karin Wieland waren in den 1980er Jahren selbst Hausbesetzer*innen. Und so hat ihr Roman âAufprallâ einige autobiographische ZĂŒge, auch wenn die Figuren und Handlungen Fiktion sind. Man merkt: Wenn sie aus der Welt der Hausbesetzungen, der StraĂenschlachten und der hautnahen Politik erzĂ€hlen, sind sie ganz nah dran. Unglaublich spannend und authentisch lassen sie die VerhĂ€ltnisse in der damaligen Stadtinsel West-Berlin, die verschiedenen Haltungen ihrer Bewohner*innen, das GefĂŒhl von Punk und Autonomie, die theoretischen Auseinandersetzungen, die Drogen, Kunstprojekte und Partys, aber auch die AnfĂ€nge der tödlichen AIDS-Seuche einflieĂen. Immer wieder wird zwischen drei verschiedenen Perspektiven hin und her geswitcht; neben der Off-Stimme des ErzĂ€hlers berichten Luise und Thomas tagebuchartig von ihren Erlebnissen.
âAufprallâ ist zugleich ein Roman ĂŒber das Erwachsenwerden, denn sehr anschaulich und auch etwas melancholisch beschreibt das Autorenteam, wie seine Figuren sich mit naiver Begeisterung in ein aufregendes politisches Experimentierfeld stĂŒrzen, aus dem sie nach einigen Jahren desillusionierter, aber auch selbstreflektierter wieder hervorkommen. Es gibt noch nicht viele BĂŒcher, die so hautnah aus dieser inzwischen historischen Szenerie berichten. Schon das ist ein Grund, âAufprallâ unbedingt zu lesen.
Heinz Bude, geboren 1954, studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Seit 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls fĂŒr Makrosoziologie an der UniversitĂ€t Kassel. Er lebt in Berlin. Im Carl Hanser Verlag erschien zuletzt: Aufprall (2020). http://heinzbude.de/
Bettina Munk, geboren 1960, studierte Kunst in Berlin und London. Nach einem lĂ€ngeren Aufenthalt in New York seit 2001 wieder in Berlin, LehrauftrĂ€ge an verschiedenen Hochschulen. Ausstellungen in Europa und den USA, zuletzt Aufprall (2020), Das bewegte Bild â Das Bild bewegt (Wien, 2018), Fiction Or Not (Berlin 2016). www.munkmovies.de
Karin Wieland, geboren 1958, studierte Politische Wissenschaften an der Freien UniversitĂ€t Berlin. Sie lebt als Schriftstellerin in Berlin. Ihr Buch Dietrich & Riefenstahl. Der Traum von der neuen Frau (2011) war Finalist fĂŒr den National Book Critics Circle Award 2015. Im Carl Hanser Verlag erschienen zuletzt: Das Geschlecht der Seele. Hugo von Hofmannsthal, Bert Brecht und die Erscheinung der modernen Frau (2017) und Aufprall. Roman (2020). www.karinwieland.de