Gioconda Belli: Die Republik der Frauen
DIE REPUBLIK DER FRAUEN von Gioconda Belli liest sich fast wie eine Utopie oder als zu Ende gedachter Gedanke ĂŒber eine âweibliche Zukunftâ.
In dem fiktiven lateinamerikanischen Land Faguas geschieht das Unglaubliche. Die Frauenpartei PIE (deutsch: Partei der erotischen Linken) erlangt mit ihrer charismatischen Vorsitzenden Viviana Samson die absolute Mehrheit und setzt einen einen ihrer Programmpunkte um: fĂŒr ein halbes Jahr erhalten die Frauen die Macht im Land, auf jeder Ebene und an jeder Stelle des Staates. NatĂŒrlich gibt es sofort heftigste Kontroversen um die Durchsetzung der neuen Linie, bis schlieĂlich bei einer Veranstaltung die PrĂ€sidentin selbst niedergeschossen wird. Im tiefen Koma lĂ€uft an Viviana ihr bisheriges Leben vorbei und gibt ihr Gelegenheit, ĂŒber ihre Vergangenheit und ihren Weg bis an die Spitze des kleinen Landes nachzudenken. WĂ€re die Welt eine bessere, wenn die Frauen an der Macht wĂ€ren?
Die Republik der Frauen
Diesen Gedanken spielt die nicaraguanische Autorin Gioconda Belli in ihrem neuen Roman “Die Republik der Frauen” einmal durch. In ihrer Story startet sie das Experiment auf Zeit. Indem sie die Posten der Verwaltung einschlieĂlich Justiz und Polizei nur noch von Frauen besetzen lĂ€sst. Die entlassenen MĂ€nner sollen sich sechs Monate bei vollen BezĂŒgen als HausmĂ€nner bewĂ€hren. FĂŒr beide Seiten also echte Herausforderungen. In RĂŒckblenden erzĂ€hlt die Autorin zugleich die Vorgeschichte des Coups. Und das ist hier vor allem die Geschichte von Viviana und ihren Mitstreiterinnen. Gioconda Belli sagt selbst, dass ihr fiktiver Staat Faguas nicht nur zufĂ€llig an ihr eigenes Heimatland Nicaragua erinnert. Nachdem dort die Sandinisten Ende der 70er Jahre die despotische Herrscherfamilie Somoza vertrieben hatten, galten sie als Hoffnungsschimmer im politisch und wirtschatflich zerrĂŒttetenten Land, bis sie die Macht 1990 ĂŒberraschend wieder abtreten mussten. Damals ĂŒbrigens zugunsten einer Frau. Mittlerweile herrschen in Nicaragua wieder Armut und Korruption.
Ist damit Bellis Gedankenspiel bereits erledigt? Nein, denn mit viel Hintergrundwissen ĂŒber die Frauenbewegung der letzten fĂŒnf Jahrzehnte legt sie dar. Wie der heutige Feminismus aussieht und wo er sich von frĂŒheren Strömungen unterscheidet. Und auch wenn es mittlerweile viele Staaten gibt, die Frauen an ihrer Spitze haben, liest sich die âDie Republik der Frauenâ fast wie eine Utopie oder als zu Ende gedachter Gedanke ĂŒber eine âweibliche Zukunftâ.
Gioconda Belli, geboren in Managua / Nicaragua. Sie beteiligte sich ab 1970 am Widerstand der Sandinisten gegen die Diktatur in ihrem Land und ging 1975 ins Exil nach Mexico. Seit ihr 1988 mit “Bewohnte Frau” der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang. Hat sie mit zahlreichen Romanen, GedichtbĂ€nden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen. Heute lebt sie in Nicaragua und Los Angeles / USA.